Seinen Galeristen, den alten, erfahrenen Wiener John Sailer, der so berühmte Kollegen wie
Arnulf Rainer und Maria Lassnig vertritt, bringt dieses Verfahren oft genug zur Verzweiflung.
Denn viele Bilder, die Sailer gefallen, sind einfach weg, waren ja nur Stadien auf der Suche
nach dem besten Bild, Opfer für den höheren Zweck. Christoph Kern zuckt die Schultern.
Die Bilder sind ja noch da, als Bilddateien im Computer, vor allem aber als geheimnisvolles
Kraftfeld, als mitflirrende Schicht, als „Jugend“ unter dem reifer gewordenen Bild. Nur an
die Wand hängen kann man sie nicht mehr.
Die Konzentration von Künstlern auf bestimmte Motive ist nichts Besonderes, aber die
Verbissenheit, mit der Kern alle anderen Bildgegenstände ausschließt, ist es doch.
„Bildbausatz“ nennt Christoph Kern seine Würfel-Versuchsreihen, ein Begriff, der nur in der
Hinsicht irreführend ist, dass Kerns Bilder alles andere sind als monoton. Im Gegenteil ist
erstaunlich, was für eine komplexe Entwicklung er in den letzten Jahren durchgemacht hat.
Anfangs schienen die Kuben wie eine kleine, dickliche Comic-Familie auf Wanderschaft;
Würfels am Strand, Würfels im Wald, Würfels am See hätte man manche Bilder nennen
können. In der Zwischenzeit haben Würfels eine Menge erlebt, eine Menge Inkarnationen
erfahren. Spektakuläre, expressive und farbenprächtige Landschaften sind in Kerns Atelier
am Prenzlauer Berg entstanden, über deren Horizonten Würfel schweben wie freundliche
oder bedrohliche Raumschiffe. Auch schienen Würfel im Weltall zu explodieren oder sich mit
dem Universum paaren zu wollen – die Welt, durch den Würfel betrachtet, der Würfel als
Baustein der Welt.
„Warum soll ein halbwegs erfolgreicher Saxophonist plötzlich zu Gitarre greifen“, fragt
Christoph Kern zurück, wenn man sich erkundigt, ob er nicht doch irgendwann einmal Lust
bekommen wird, etwas anderes zu malen als Würfel. Und dann lächelt er und sagt, so halb
im Spaß, „Kugeln sind noch schwieriger“.
Eva Menasse
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